Freitag, 2. Oktober 2009
Wortgeblubber - ein Beispiel


DIE ZEIT brachte die folgende Rezension (hier gekürzt wiedergegeben) über den neuen Roman von Thomas Glavinic, „Das Leben der Wünsche". Nachdem ich Rezension und Buch (Hanser, 21,50 €) gelesen habe, stelle ich fest: Keine Frage, dass Thomas Glavinic zu schreiben versteht, aber was will er eigentlich sagen? Und was meint der Rezensent (dessen Namen ich leider nicht feststellen konnte) dazu? Und wer blubbert eigentlich mehr: der Rezensent oder doch der Autor?

Wer hat nicht schon einmal beim Anblick einer Sternschnuppe darauf gehofft, dass sich der insgeheim geäußerte Wunsch irgendwann erfüllt? Und wer gibt sich nicht gern mal der Täuschung hin, dass das Leben eine Art Wunschkonzert ist? Trotzdem würde man stutzig, wenn sich eines Tages ein Mann zu einem setzen und anbieten würde: "Ich erfülle Ihnen drei Wünsche." Vermutlich würde man den Mann für wahnsinnig halten. Vielleicht ihm auch rüde entgegnen, so wie es Jonas macht, der Held aus Thomas Glavinics neuem Roman... Und vielleicht würde man sich dann auch wie Jonas aus Spaß und Neugier darauf einlassen: "Ich wünsche mir, dass sich alle meine Wünsche erfüllen. Dies ist mein erster Wunsch, und auf die anderen zwei kommt es nun nicht mehr an, ich schenke sie Ihnen."...
Jonas ist mit Helen verheiratet, die er nicht mehr so liebt. Er hat zwei Kinder mit ihr, zwei Jungen, die er abgöttisch liebt. Und er hat eine Geliebte, Maria, die er auch sehr liebt. Sein Job in einer Werbeagentur dagegen liegt ihm so gar nicht am Herzen, aber irgendwo muss das Geld ja herkommen...
Jonas lebt plötzlich in einer Parallelwelt, und in dieser lebt er ganz allein.
Womit wir gleich ganz in der bizarren Romanwelt von Thomas Glavinic wären. Ständig neue Einfälle sind ihr oberstes Charakteristikum.
Jonas will das Alte jetzt nicht mehr wiederherstellen, sondern abstreifen. Er versucht, der Fremdheit seines Lebens zu entkommen, etwas Eigenes zu entwickeln. Nur weiß er nicht, ob er die Kontrolle über sein Leben hat. Oder ob ihn jemand kontrolliert?
Er weiß nicht, wie frei er in seinen Gedanken, Wünschen und Entscheidungen wirklich ist, was überhaupt für Obsessionen in ihm schlummern. Und wie sicher die vermeintlichen Sicherheiten seines Lebens sind. Daraus bezieht Das Leben der Wünsche lange seine Spannung, und dramatisch gut zudem ist, wie Glavinic all das fast gleichmütig erzählt: in einer trockenen, ohne Schnörkel und lange Sätze auskommenden Sprache. Und in kurzen Kapiteln, in denen Jonas’ Welt Stück für Stück aus den Fugen gerät, ohne dass er oder der Leser wüssten, ob das Ganze nun maßloses Glück verspricht oder katastrophische Ausmaße annimmt.
Erst sind es nur Jonas’ Aktienkurse, die steigen; sein (zu) kleiner Sohn erfährt einen Wachstumsschub, an den seine Eltern nicht mehr geglaubt hatten, es gibt merkwürdige Unfälle, deren Augenzeuge Jonas wird. Dann aber liegt seine Ehefrau Helen tot in der Wanne, steigt er nicht in ein Flugzeug, das später abstürzt, hört er von der wundersamen Heilung einer krebskranken, moribunden Freundin.
Alltagsrealität und dunkles Unterbewusstsein gehen bei Jonas zunehmend ineinander über, die Wünsche, geäußert oder nicht, übernehmen machtvoll die Regie. Trotzdem hat man nie das Gefühl, einen phantastischen Roman zu lesen. Auch Jonas bleibt lange Zeit standhaft und entwickelt nur selten Gedanken wie diesen: "Wenn die Buddhisten recht hatten, dachte er, (...), wenn all jene recht hatten, die an ein Weiterleben nach dem Tod glaubten, dann wünschte er sich nur, in einer vollkommen anderen Welt als dieser wiedergeboren zu werden."
Thomas Glavinic tut ihm diesen Gefallen im letzten der drei großen Kapitel, das zu den vorhergehenden allerdings abfällt. Darin verbindet er die Liebe, den Tod, das Paradies und den Untergang der Welt, vielleicht etwas zu lax, etwas zu obenhin, etwas zu großtuerisch, aber doch so, dass man weiß: Seine Wünsche behält man lieber für sich. Und ihre Erfüllung ist auch nie der Weisheit letzter Schluss.



Dienstag, 29. September 2009
Remember: "blödsinnig"

Blödsinnig
Viel Beifall erntete Marcel Reich-Ranicki im Herbst des vergangenen Jahres als er sich dem Ehrenpreis des Deutschen Fernsehens verweigerte, weil er viele der Sendungen als schlicht blödsinnig empfand. Ein offenes Wort. Aber ist denn die Situation auf dem Buchmarkt viel besser?


Von jährlich über 80000 Novitäten ist längst nicht alles Gold, was glänzt, trotzdem dürfte es mehr Lesenswertes geben als auf den Kulturseiten der Medien gemeldet wird. Aber was und warum ist "lesenswert“ und was "blödsinnig"?

Kritik der Kritik
"Woher nehmen Sie Ihre Kriterien?" wurde Elke Heidenreich in einem in der Süddeutschen Zeitung veröffentlichten Interview gefragt. Und ihre Antwort: "Die haben sich durch ganz lange Leseerfahrung gebildet. Durch Beschäftigung mit Büchern. Durch Abwägen." Doch was wird "abgewogen"? Was hat Gewicht? Was sind die Kriterien?

"Die Vorleser", Amelie Fried und Ijoma Mangold, schweigen sich darüber ebenfalls aus. Auf Kriterien für ihre ZDF-Literaturkritik haben sie sich nicht festgelegt.
Auch bei Denis Scheck dem Moderator der sonntäglichen Büchersendung "Druckfrisch" ist dazu nichts zu erfahren; er hält zwar manches für Stuss und wirft es in die symbolische Altpapiertonne, aber auch seine Kriterien scheinen mehr von subjektiver Emotion geprägt und werden nicht beim Namen genannt.

Um die Bedeutung einer Rezension - letztlich einer Meinung – einschätzen zu können, müsste man auch mehr über den Rezensenten wissen, über sein Vorwissen, seine Interessen und seinen Anspruch, nur dann lässt sich seine Aussage einordnen.

Das fehlt in der Regel und so geschehen solche Merkwürdigkeiten, dass die BILDzeitung Charlotte Roches „Feuchtgebiete" ein Schmuddelbuch, die Frankfurter Allgemeine den gleichen Titel „einen klugen Roman“ nennt.
Empfiehlt es sich bei solch unterschiedlicher Beurteilung überhaupt eine Rezension zu lesen? Man wird den Eindruck nicht los, dass mit Rezensionen oftmals weniger Urteilsfindung geboten, sondern nur kräftig die Werbetrommel gerührt wird.

Selbstkritisch
Es kann allerdings auch sein, dass Rezensionen dem Mainstream entsprechen wie man es bei tausenden Blogs beobachten kann: ein mehr oder weniger liebenswürdiges Wortgeblubber, das gar keine Resonanz erwartet und in Selbstdarstellung erstarrt.
Da ist nun im Laufe der nächsten vier Jahre zu erhoffen, dass die letzte Bundestagswahl auch hier Änderungen bewirkt: dass zukünftig mehr auf Standpunkte geachtet wird, mit denen man sich auseinandersetzt.

Schön wär’s!



Sonntag, 20. September 2009
bye bye e-book?

E-Buch, Ade Buch? haben wir kürzlich gefragt und gelistet, was uns am Kauf eines E-Book-Readers hindert. Heute überlegen wir, ob wir uns vom E-Book schon bald wieder verabschieden müssen - oder nicht.


Buch-Schnäppchen
Da freue ich mich schon richtig auf die Angebote der Internetbuchhändler. Was werden die jetzt mit ihren Ramschangeboten machen, wo doch vermutlich das meiste als E-Book erscheint? Ein Überraschungspaket schnüren mit 15 Printtiteln für 20 Euro oder 50 E-Books für 25 Euro? Da kommt nicht nur der Schwabe ins Grübeln! Einerseits bekommt er mehr Gewicht fürs Geld, andererseits aber weniger Titel. Und der Inhalt? Der Inhalt hat bei den Schnäppchenjägern im Buchhandel selten eine Rolle gespielt. Bald gibt es 15000 Titel als E-Book! Mich interessiert aber bei Büchern nicht die Anzahl, mich interessiert der einzelne Titel. Was von den 15000 Titel ist vergriffener Ramsch und sollte es auch bleiben? Und in den Ferien will ich nicht alle auf dem E-Book-Reader gespeicherten Bücher lesen. Vielleicht höchstens fünf Taschenbücher, deren Gewicht ist auch in der Printausgabe nicht schwerer als ein E-Book-Reader.

Von wegen Schnäppchen
Da muss man höllisch aufpassen. Manches angebotene E-Book kostet genauso viel wie die gedruckte Taschenbuchausgabe, manche kosten ein Fünftel bis ein Viertel weniger. Es lohnt sich also auf jeden Fall den E-Bookpreis mit dem der Printausgabe zu vergleichen.

Ob das dem Buchhandel gefällt?
Das müsste doch möglich sein: Ich miete (lease) einen E-Book-Reader bei einer Bibliothek und habe die Möglichkeit, alles was ich lesen möchte, für maximal 70 Euro innerhalb eines Jahres zu lesen. Eine saubere Sache und die Bibliotheken ersparen sich dabei teure Nachbezüge der Bücher mit eigenen Einbänden.

Die Schwarzenegger-Vision
Ähnliches überlegte sich wohl auch Gouverneur Schwarzenegger, wenn er zukünftig kalifornischen Schülern schmuddlige Schulbücher ersparen und durch E-Books ersetzten möchte. Wahrscheinlich müssen sich deutsche Verlage über solche Absichten noch nicht sorgen. So lange sie ihren Monopolanspruch nicht aufgeben und ein starkes Urheberrecht (zu Recht) verteidigen, solange wird der E-Book-Reader für Hobbyleser eine teuere Spielerei bleiben.

Allerdings ist auch noch eine ganz andere Entwicklung möglich, ja sogar wahrscheinlich. Irgendwann in den nächsten Jahren werden Autoren auf die Idee der Selbstvermarktung kommen. Damit könnte der bisherige Buchmarkt völlig umgekrempelt und das Literatursurfen im Internet wieder interessant werden.



Mittwoch, 16. September 2009
E-Buch, Ade Buch?


Endlich papierfrei!
So oder ähnlich hörte man den einen oder anderen Verleger vor einigen Monaten jubeln. Die Freude schien übergroß, als hätte man sich von einem lästigen Kleidungsstück emanzipiert. Macht das E-Book müde Leser wieder munter? Dass nicht der Inhalt sondern das Medium die Leselust beflügeln soll, stimmt allerdings verwunderlich. Mittlerweile hat Ernüchterung eingesetzt. Man darf gespannt sein wie es weiter geht. Vielleicht werden schon bald Sortimenter nicht mehr zur Buchmesse nach Frankfurt oder Leipzig reisen sondern auf die Cebit nach Hannover! Nein, wir wollen uns nicht an das immerhin 550 Jahre alte Medium Buch klammern, aber:

ein paar Fragen haben wir doch.
Warum wird der E-Book-Reader eigentlich zum Festpreis angeboten? Müsste er nicht mit einer unverbindlichen Preisempfehlung gehandelt werden? Wurden da Preisabsprachen gemacht? Sind Rabattverhandlungen möglich? Wann wird man den preiswerteren Reader im Media-Markt kaufen können? Warum ist eigentlich nicht jedes Buch als E-Book erhältlich? Nach welchen Kriterien wird die Auswahl bestimmt? Erscheinen als E-Book hauptsächlich Ramsch und ein paar Ladenhüter? oder vergriffene Titel, nach denen kaum jemand fragt? Wie lange ist eigentlich die durchschnittliche Lebensdauer eines E-Book-Readers? Lässt sich das mit der Lebensdauer eines Notebooks vergleichen? Also spätestens nach drei Jahren ein neuer Reader? Wie lange wird Garantie auf den E-Book-Reader gewährt? Muss ich für den Reader eine Sonderversicherung gegen Diebstahl abschließen oder ist er automatisch in meiner Reisegepäckversicherung eingeschlossen? Was ist, wenn er aus meinem Auto geklaut wird? Warum sind viele E-Books so teuer wie ihre Print-Ausgaben, nachdem die Herstellung doch wesentlich billiger ist? Wie strapazierfähig ist ein E-Book-Reader? Wie wetterfest? Immun gegen Salzwasser und Sand? Wann kommt das E-Book in die Bibliotheken? Wann kann ich es dort ausleihen? Wann kommt die neue Version? Wann ist mein E-Book-Reader überholt und zur Entsorgung reif? Die letzten Fragen wurden bereits beantwortet: In wenigen Wochen soll eine neue, billigere Version auf den Markt kommen.



Donnerstag, 27. August 2009
Buchhandel & Internet, Biss 3


Sonstiges auf H wie Homepage

Wir schreiben hier noch immer über 40 Verlage, deren Homepage wir uns zwischen Januar und März 2009 etwas näher angeschaut haben. Wie unterscheiden sie sich, welche Gemeinsamkeiten bieten sie an?

Dass Buchkäufer Fragen stellen, damit rechnen die wenigsten Verlage. So wurde der Link Fragen zum Buch nur bei zwei (von 40) Verlagen gefunden. Nach des Lesers Meinung, zusammengefasst unter Leserstimmen, erkundigen sich immerhin 35 % der Verlage. Veröffentlichungen dieser Leserstimmen auf der Homepage sind allerdings selten zu finden. Im Gegensatz zu den Internetbuchhändlern, bei denen des Lesers Stimme überbetont wird. 28 % der untersuchten Verlage zeigen auf ihrer Homepage ein Intro, eine der Website vorgeschaltete Animation oder grafische Präsentation. Autorenblogs und Podcasts werden angeboten und es fehlt auch nicht das Online-Magazin, während die gute alte Kundenzeitung (erhältlich auf dem Postweg oder in der Buchhandlung) seltener anzutreffen ist. Bei einigen Verlagen werden Lehrer besonders umworben, inklusive Newsletter und Prüfexemplare. Wer die etwas beschränkte Unterhaltung mit einem Computer liebt, kann sich des Geschenkefinders oder eines Orakels bedienen. Droemer Knaur bietet gar einen Service für Firmenkunden und wirbt dafür: „Die ausgewählten Produkte unterstützen Ihre Marketing- und PR-Arbeit auf vielfältige Weise – Give-away, als Bestandteil Ihres Messeauftritts, als Kundenpräsent oder als Geschenk an Geschäftspartner. Selbstverständlich bieten wir Ihnen auch die Möglichkeit, die Verlagsausgaben durch individuelle Sonderausstattungen Ihrem Unternehmensauftritt bzw. Ihrem Markendesign anzupassen.“ Dumont ist auf die Idee eines „interaktiven Buchfinders“ gekommen; Bücher können dort nach Inhalten, Stimmungslage, Preis, Seitenzahl oder Farbe gesucht werden. Auf der Homepage der Verlage entdeckt man auch Hörproben und Videos von vorlesenden Autorinnen und Autoren. Interessant dabei ist der Link www.zehnseiten.de Das Projekt ist so organisiert, dass sich Verlage melden können und ihr »Werbevideo« dementsprechend bezahlen. Die Website muss man natürlich erst mal kennen und gezielt ansurfen. Das verlangt noch einiges an werbender Vorarbeit. Transcipt betont ganz geschickt die Besonderheiten seiner Titel und fragt Autoren: „Bücher, die die Welt nicht braucht. - Warum trifft das auf Ihr Buch nicht zu?“ Eine gute Frage, die wir uns merken sollten. Unter den Besonderheiten gut gefallen hat uns der Reclam Literatur-Döner, obwohl - bei allem Respekt - Döner nicht jedermanns Geschmack ist. Aber was hier auf der kreisenden Scheibe an gewürzten Zitaten ausgewählter Werke und mit Informationen garniert angeboten wird, ist mehr als schmackhaft. Überzeugen Sie sich selbst unter www.literaturdoener.de

Die Lesezeichen-Druckvorlage mit dem Motiv bestimmter Bücher scheint eine nette Idee zu sein. Ob sie auch angenommen und – wie gedacht – auch realisiert wird, wäre interessant zu wissen. Auf jeden Fall wurden Lesezeichen früher dem Sortiment, dann aber bereits ausgedruckt und verpackt, als eine willkommene Werbung für Kunden angeboten.

Und jetzt Twitter

Das Twittern auf den Websites der Verlage hat begonnen. Aber viel mehr als ein Gestammel und Worteschluckauf kommt dabei selten raus und das Auffinden einer lesenswerten Information gleicht dem Treffer in einem Lotteriespiel mit hunderten Nieten. Es wird nicht mehr lange dauern und die twitternden Verlage werden weiteren Leserverlust beklagen, vermutlich weil es die User ihres Twitter-Angebots verlernen, zehn Sätze hintereinander zu lesen und deren Sinn zu erkennen. Nach mehreren auf Twitter-Seiten verbrachten Stunden bei zwei Verlagen haben wir allerdings auch einen interessanten Link gefunden, den wir hier mitteilen: http://merky.de/b2b3ed Ein hörenswertes, spannendes Referat von Dr. Burghard König, Lektor im Rowohlt Taschenbuch Verlag, zum Thema „Wie funktioniert ein Verlag?“ Aber Vorsicht, auf der gleichen Website befindet sich auch Erotisches zum Hören.

Wenn ich mir was wünschen dürfte

Ehrlichkeit im Angebot
Zumindest die Händler sollten ihren Kunden alle lieferbaren Ausgaben eines Titels nennen. Als Kunde interessiert mich, ob mein Wunschtitel neben der gebundenen Ausgabe bereits als Taschenbuch existiert oder als Hörbuch oder als E-book.

Stellenwert
Gewünscht wird mehr Information. In welchem Zusammenhang steht das vorgestellte Buch mit den Richtlinien seines Verlegers, mit anderen (konkurrierenden Titeln) mit aktuellen Gesellschaftsthemen, mit vorgeprägten Meinungen?

Nutzen
Warum lohnt es sich über das Buch nachzudenken?
Bietet es Alternativen zu gängigen Meinungen?
Nimmt es Stellung zu aktuellen Gesellschaftsthemen?

Werte
Liefert das Buch angenehme, aber flüchtige Unterhaltung?
Welche Denkanstöße liefert es? Gibt es Institutionen (Parteien, Verbraucherinstitutionen, außerparlamentarische Organisationen, Kirchen, Verbände) oder andere Interessen, die das Buch wahrscheinlich ablehnen oder begrüßen?
Warum? Wie lässt sich diese Einschätzung begründen?
Stilkriterien?

Profil
Aktuelle Stellungnahmen zur Linie des Unternehmens.
Mehr Personifizierung. Wer lektoriert? Stellungnahmen von Buchhändlern, die nicht nur im allgemeinen Trend schwimmen.


Fehlt etwas in der Aufzählung?

Ergänzen Sie bitte unseren Wunschkatalog!
Und bitte schreiben Sie uns, wenn Sie über Twitter
interessante Informationen erhalten haben!
Was erwarten Sie von Ihrem Buchhändler?

Bis demnächst - Lesenlesen!



Buchhandel & Internet, Biss 2


H wie Homepage

Von Januar bis März 2009 haben wir uns mal die Homepage von 40 Verlagen angeschaut. Ausgewählt nach dem Zufallsprinzip und hier in alphabetischer Reihenfolge gelistet:
Ammann Verlag - arsEdition - Aufbau- Verlag - Berlin Verlag - Brunnen Verlag - Campus - Carlsen - Coppenrath - Diogenes - Deutscher Taschenbuch Verlag - Droemer Knaur - Dumont - Eichborn - Gerth Medien - Groh - Hanser - Herder - Hoffmann und Campe - Kiepenheuer & Witsch - Klett-Cotta - Klöpfer & Meyer - Antje Kunstmann - Liebeskind - Limmat - Loewe -Nagel & Kimche - Oetinger - Peter Hammer - Piper - Reclam - Rombach - Rowohlt - Silberschnur - Suhrkamp - transcript - Ullstein - Wagenbach - Wallstein - Zsolnay
Mit welchen Gemeinsamkeiten präsentieren sich diese Verlage, wo gibt es Unterschiede? Welche Hinweise werden - möglichst unmittelbar – beim jeweiligen Titel gegeben? Dabei wollen wir auch etwas gewichten und nennen hier zunächst nur diejenigen Merkmale, die von mindestens 50 % der untersuchten Verlage berücksichtigt wurden.

Das Cover (100 %)
Jede Homepage präsentiert den Titel (aus Novitäten oder Katalog) mit einem farbigen Cover (in hoher oder niedriger Auflösung), das heißt: mehr oder weniger gut lesbar.

Inhalt (100 %)
Alle Anbieter stellen neben das Cover eine mehr oder weniger ausführliche Inhaltsangabe.

Warenkorb (95 %)
Nahezu alle Verlage bieten die Bestellmöglichkeit, den „Warenkorb“ an. Was für ein Segen, wenn sein Inhalt gleichmäßig auf alle Buchhandlungen ausgeschüttet würde. Aber dem ist nicht so. Fast alle Verlage verweisen gezielt an eine ganz bestimmte Lieferfirma oder liefern selbst aus. Würde man diesen Hinweisen folgen, hätte man es bei mehr als 30 % der Verlage mit nur zwei Firmen zu tun: den Internetbuchhandlungen Amazon und der Stein’schen Versandbuchhandlung in Werl. Den einen oder anderen Verlag mag dann doch das Gewissen plagen, weshalb er auf seiner Homepage einen Buchhandelsfinder einbaut oder auf Partnerschaftsbuchhandlungen verweist. Seltsam muten allerdings solche Buchhandelsfinder an, die auf den nächsten Buchladen in 50 Kilometer Entfernung verweisen, die Buchhandlung am eigenen Ort aber übersehen. Und was soll man sagen, wenn ein Verlag insgesamt nur 20 Partnerschaftsbuchhandlungen vorweisen kann? Übrigens, wir haben nur zwei Verlage gefunden, die auf den Warenkorb verzichten und nur einen Verlag, der ein völlig neutrales Bestellformular anbietet, auf dem man jede gewünschte Buchhandlung eintragen kann.

Das bieten fast alle

Selbstverständlich müssen auf der Homepage nicht alle Titel sämtliche hier aufgezählten Merkmale aufweisen. Aber die breite Masse hat sie, manchmal klar und deutlich, manchmal eher etwas versteckt:
1. Cover, mehr oder weniger gut lesbar, mit Bibliographie (100%)
2. Inhaltsangabe, mehr oder weniger ausführlich (100 %)
3. Warenkorb (95 %)
4. Autorenporträt (83 %)
5. Weitere Bücher des Autors (83 %)
6. Leseprobe (83 %)
7. Pressestimmen, Rezensionen (78 %)
8. Termine, Veranstaltungen (73 %)
9. Möglichkeit zum Ausdruck der Information (50 %)

Wer die Möglichkeit für eine Weiterempfehlung sucht, kann ebenfalls fündig werden (48 %). Seltener wird zu einem Gewinnspiel eingeladen (33 %). Wobei der häufigste Ort für Gewinnspiele der Newsletter ist und auf diesen wird in mindestens 73 % aller Homepages hingewiesen. Trailer, kurze Werbespots, oft Vorschauen auf Filme, haben wir bei 23 % gefunden.

Was es sonst noch auf den Homepages der Verlage zu sehen gibt, zeigen wir das nächste mal.

Bis dahin - Lesenlesen!



Donnerstag, 27. August 2009
Buchhandel & Internet, Biss 1


Die große Gleichförmigkeit

Schade, dass die Möglichkeiten des Internets von den Verlagen und Buchhandlungen so wenig oder hauptsächlich nur von ihren Werbetextern und Webdesignern genutzt werden. Alles Wissen über eine gute Öffentlichkeitsarbeit scheint verloren gegangen. Die technischen Möglichkeiten, die eine schnelle und fundierte Information aus erster Hand ermöglichen, der direkte Kontakt mit den Kunden, von all dem ist wenig zu sehen oder in Langeweile erstarrt. Werbespot reiht sich an Werbespot. Der 2008 verstorbene Joseph Weizenbaum (Computerwissenschaftler, Computerkritiker, Gesellschaftskritiker und Informatikpionier) hat es auf den Punkt gebracht:

„Die Computerisierung des Alltags bringt am Ende nicht Kreativität, sondern die große Gleichförmigkeit.


Wissensinformation

Natürlich wollen Verlage und Buchhandel vorrangig verkaufen. Aber müssen sie sich deshalb so einfältig und einfallslos präsentieren? Für den Leser ist es schwierig, in diesem bunten Warenkatalog Leitlinien zu finden, deren weitere Beobachtung sich lohnen könnte. Wahrscheinlich ist das von den Anbietern auch gar nicht beabsichtigt. Vermutlich soll nur eine schnelle Kaufentscheidung herbeigeführt werden. Aber selbst dafür ist der Anreiz meist zu ungenau und oberflächlich.

Das könnte die Chance für den Sortimentsbuchhandel sein, wenn er ordnend und richtungweisend eingriffe. Stattdessen versucht er nachzuahmen was die Großen im Internet vormachen und lässt sich die Butter vom Brot nehmen.


Wie viele Buchhandlungen braucht das Land?

4500 Sortimentsbuchhandlungen gibt es. 17000 weniger als Apotheken. Doch im Gegensatz zu den Apotheken schrumpft der Buchhandel und immer mehr Ladenketten beherrschen den Markt. Die Großen fressen die Kleinen, der Buchladen wird vom Superbuchmarkt verdrängt. Zu all dem wird auch noch ein Rückgang der Leselust beklagt. Wir Leser werden systematisch vorbereitet, das Internet viel stärker als Büchershop zu nutzen. Es ist erstaunlich, wie gelassen Buchhändler – und gemeint sind diejenigen, die von ihren Kunden im Laden besucht werden können – dies zur Kenntnis nehmen. Sie präsentieren sich hauptsächlich als Verteiler, die für unterschiedliche Geschmäcker ein Angebot bereithalten (oder kurzfristig besorgen können). Da ihre Verkaufsfläche begrenzt ist, beschränken sie ihr Angebot auf diejenigen Bücher und Verlage, mit denen sie den meisten Umsatz machen. Wenn man in Buchhandlungen aber nur Verteiler sieht, würde - dank Internet - eine wesentlich kleinere Anzahl genügen; denn mit dem Internet lässt sich der Buchkauf – die Beherrschung von ein paar Bedienungsregeln vorausgesetzt – problemlos durchführen. Warum geben sich viele Buchhändler mit einer bloßen Verteilerfunktion zufrieden? Warum besinnen sie sich nicht auf ihre Vorteile gegenüber dem Internetbuchhandel?

Vom Profil der Verlage und Händler ist auf den meisten Homepages wenig zu sehen. Alle geben sich die größte Mühe. Keiner will auf das verzichten, was der andere hat, und alle spielen auf der gleichen Klaviatur – und wie die aussieht zeigen wir das nächste mal.

Bis dahin - Lesenlesen!