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"Die Jahre von 1933 bis 1938 sind selbst aus der distanzierten Rückschau und in Kenntnis des Folgenden noch heute ein Faszinosum insofern, als es in der Geschichte kaum eine Parallele zu dem politischen Triumphzug Hitlers während jener ersten Jahre gibt."
Bundestagspräsident Philipp Jenninger vor dem deutschen Bundestag in seiner Rede am 10. November 1988. Die verunglückte Gedenkrede zwang Jenninger damals zum Rücktritt und eröffnete die Diskussion, ob er Nazi-Ansichten verbreitet oder historische Ereignisse zutreffend beschrieben habe.
Spätestens seit dieser berühmt misslungenen Rede müsste bekannt sein, mit welcher Behutsamkeit und Fingerspitzengefühl Deutungen, Erklärungsversuche und Vergleiche nationalsozialistischer Vergangenheit in unserer Gegenwart versucht werden sollten.
Der Kölner Kardinal Meisner hat daraus wenig oder unvollkommen gelernt. In seiner letzten Allerheiligen-Predigt wetterte er:
"Ähnlich wie einst die Nationalsozialisten im einzelnen Menschen primär nur den Träger des Erbgutes seiner Rasse sahen, definiert auch der Vorreiter der neuen Gottlosen, der Engländer Richard Dawkins, den Menschen als ‚Verpackung der allein wichtigen Gene’, deren Erhaltung der vorrangige Zweck unseres Daseins sei."
Reaktionen auf diese Predigt ließen nicht lange auf sich warten.
ddp meldete:
"Der Erzbischof von Köln, Kardinal Joachim Meisner, hat erneut mit einem Nazi-Vergleich für Aufsehen gesorgt. Meisner verglich in einem am Sonntag verbreiteten Text seiner Allerheiligen-Predigt im Kölner Dom das Weltbild des Evolutionsbiologen Richard Dawkins mit dem der Nazis."
Und der Spiegel schrieb:
"Meisner sucht nicht zum ersten Mal Vergleich mit den Nationalsozialismus. Seine Äußerungen hatten in der Vergangenheit mehrfach eine Welle der Empörung ausgelöst. So zog er Parallelen zwischen Abtreibungen und dem Holocaust. Religionsferne Kultur nannte er ‚entartet’."
Zuletzt DIE ZEIT am 5. November:
"... Nun könnte man sagen: Ach ja, der Meissner und seine reaktionären Ausrutscher! Doch leider liefert er Religionskritikern wie Dawkins – der in seinem Buch ‚Der Gotteswahn’ recht pauschal gegen jedwede Religiosität pöbelt – immer wieder die besten Belege für deren Vorurteile. Statt sich mit der Naturwissenschaft auseinanderzusetzen, verteufelt er sie..."
Nun lassen an dem Gotteswahn von Richard Dawkins auch namhafte atheistische Wissenschaftler kein gutes Haar. Doch ausgerechnet der katholische Borromäusverein übernimmt zu diesem Buch auf seiner Website den Werbetext des Ullstein Verlags und schreibt:
"Religion ist irrational, fortschrittsfeindlich und zerstörerisch. Richard Dawkins, einer der einflussreichsten Intellektuellen der Gegenwart, zeigt, warum der Glaube an Gott einer vernünftigen Betrachtung nicht standhalten kann. Ein wichtiges Buch, das zu einem brennend aktuellen Thema eindeutig und überzeugend Position bezieht, brillant und bei aller Schärfe humorvoll."
Wem dürfen wir glauben, Herr Kardinal?
Schon droht neues Ungemach. José Saramago, Literatur-Nobelpreisträger (1998), bekennender Atheist und Kommunist, schockiert die Gemüter (vorerst noch) in seinem Heimatland Portugal. In seinem neuesten Roman "Cain" rechnet er mit Kirche und Religionen ab. Die Bibel nennt er einen "Katalog der Grausamkeiten". Wo und wann die deutsche Übersetzung erscheinen wird, ist noch nicht bekannt. Vermutlich im Frühjahr 2010. Hoffentlich erfolgt dann nicht die nationalsozialistische Verteufelung, sondern eine Auseinandersetzung mit Argumenten.
Weiteres zum Thema findet man im EsoBlog unter "Religion".