September 2010 |
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Skandalbücher. Ohne sie wäre es langweilig! Wenn uns nichts mehr erregt, was wollen wir dann noch verändern? Wir könnten uns altersmüde weise zurücklehnen, ein bisschen stilvoll rumbloggen, nur noch sanften Seelenbrei aus den Büchern löffeln und zum Einschlafen ein Revolutionsliedchen summen.
Skandalös ist, dass die meisten Skandalbücher nur noch zum Hype verkommen, zum Medienrummel, zur marktgesteuerten Provokation. Sie regen nicht mehr wirklich auf. Ihr Rezept ist einfach: Ein bisschen Enthüllung, z. B über verhasste Verlegerwitwen oder unliebsame Kritiker,
etwas Erotik, aber dreckig und feucht wie in.... Sie wissen schon...,
Ein Schuss Blasphemie, und bitte viel Blicke durchs Schlüsselloch, auf die Altäre (vor und dahinter), Politik (ich gebe Ihnen mein Ehrenwort), schmutzige Geschäfte und die Machenschaften der Geheimdienste und Geheimbünde, Gegensätze der Kulturen nicht zu vergessen; dazu ein paar nationalsozialistische Floskeln und eine Brise antijüdischen Unsinn: Alles fertig für die Erregung, den Hype, das Skandalbuch. Jetzt kann die Sau durchs Dorf gejagt werden!
Wie’s richtig angemacht wird, verspricht die Berliner Werbeagentur Lohmüller auf ihrer Homepage. Vier Fallbeispiele werden dort vorgestellt: ein Verlag, ein Autohaus, eine kassenärztliche Vereinigung und ein Rundfunksender. Und für alle wird nach dem gleichen Muster gestrickt: Strategie – Design – Kampagne – Skandale – Kontinuität. Bei der Verlagskampagne heißt es: „Provokante und schonungslose Headlines werden zu einem Instrument der Publikumsansprache.“
Da kann kaum was schiefgehen. Bliebe höchstens noch die Frage nach der Verantwortung für alles. Liegt die beim Autor? Wird diese von der Agentur getragen oder vom Verlag? Oder geht es den Verlagen nur ums Geld?
Der nächste Hype kommt bestimmt – wenn er nicht schon da ist!