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Winterschlaf
Im Januar liegt der Buchhandel noch im Winterschlaf, verdaut das Weihnachtsgeschäft oder macht Inventur. Sollen die Kunden doch erstmal ihre Weihnachtsgeschenke lesen. Immerhin rackert sich Dirk Moldenbauer im Branchenmagazin Buchmarkt mit neuen Hinweisen auf ein goldenes Zeitalter im Web ab. Von eingeübten Werbemechanismen sollten sich die Verlage verabschieden, empfiehlt er, das Social-Media-Marketing nutzen, in Communities neue Kommunikationsräume schaffen. Viel Glück! Vielleicht wirkt sich das ja auch positiv auf die meist faden Homepages und Newsletter der Verlage und Buchhandlungen aus.
Bestsellerliste
Per 25. Januar habe ich dort 28 Titel gefunden. Dass davon ein Drittel aus Verlagen von Random House stammt, nährt mein Unbehagen am Zustandekommen dieser Liste. Trotzdem die Frage: Habe ich etwas verpasst?
Ein Blick auf die ersten zehn Titel genügt. Nichts Neues dabei, womit ich nicht behaupten will, dass das Alte schlecht sei. Aber diese pubertären Vampirgeschichten (P.C. Cast, Stephenie Meyer), nein ich will sie nicht mehr. Auch der breitenwirksame Humor des Herrn von Hirschhausen bringt mich nicht wirklich zum Lachen. Stieg Larsson? Spannend ist ja die Auseinandersetzung der Familie um sein nicht vorhandenes Testament. Spannend auch seine Krimis, Sex – na schön, aber so viel brutale Gewalt? Nein, danke.
Ob mich die heitere Seelenkunde des rheinisch-frohsinnigen Manfred Lütz nachdenklicher macht? Irre – Wir behandeln die Falschen: Unser Problem sind die Normalen. Wohl wahr. Trotzdem geh ich lieber noch ein Stück weiter zurück in die Vergangenheit und greif nach den Büchern von Oliver Sacks. Vielleicht sollte man von ihm mal wieder lesen: Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte. Das ist nicht heiter und doch zum Schmunzeln, sehr informativ – eine Reise in eine uns unbekannte Welt.
Thomas Wiczorek: Die verblödete Republik. Wie uns Medien, Wirtschaft und Politik für dumm verkaufen. Haben wir das nicht schon immer gewusst? Aber letzt Endes sind wir auch selber schuld. Dazu passt der heiß diskutierte, im Januar erfolgreich abgeschlossene Umzug Suhrkamps von Frankfurt nach Berlin. Über diesen Umzug habe man mehr gestritten als über den der Bundesregierung von Bonn nach Berlin, sagte die Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz. Größenwahnsinnig oder will sie uns verblöden?
Würde man anhand der 10 Titel aus der Bestsellerliste einen LOGISCHES DENKEN TEST machen und fragen: Welcher Titel passt am wenigsten in die Auswahl?, könnte man auf Margot Käßmann tippen. In der Mitte des Lebens heißt ihr Buch, für Frauen geschrieben, für Männer erlaubt. Das Buch einer Bischöfin. Ein "frommes" Buch ein Bestseller? Das macht neugierig.
Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen?
Und dann erinnern wir uns an die Weihnachtspredigt Margot Käßmanns, weshalb sie in die Kritik geraten war. Blauäugigkeit wurde ihr in den Medien vorgeworfen. Zu Recht oder zu Unrecht? Vom Verteidigungsminister wurde sie zum Vieraugengespräch geladen. Wir zitieren die beanstandeten Passagen ihrer Predigt (Quelle: www.ekd.de):
"... Aber leider ist nicht alles gut. Das ist uns in gesellschaftlichen Fragen in diesem Jahr besonders bewusst. Erinnern wir uns an den Klimagipfel in Kopenhagen - das kann nicht schöngeredet werden: Die Verhandlungen sind gescheitert an mangelndem Mut, an mangelnder Entschlossenheit und am Egoismus vieler. Das ist nicht nur blamabel, sondern dramatisch. Denn nur durch gemeinsames Handeln aller Staaten können wir den Planeten Erde bewahren für nachwachsende Generationen. Nichts ist gut in Sachen Klima, wenn weiter die Gesinnung vorherrscht: Nach uns die Sintflut!
Nichts ist gut in Afghanistan. All diese Strategien, sie haben uns lange darüber hinweggetäuscht, dass Soldaten nun einmal Waffen benutzen und eben auch Zivilisten getötet werden. Wir brauchen Menschen, die von der Botschaft der Engel her ein mutiges Friedenszeugnis in der Welt abgeben, gegen Gewalt und Krieg aufbegehren und sagen: Die Hoffnung auf Gottes Zukunft gibt mir schon hier und jetzt den Mut von einer anderen Gesellschaft zu reden und mich für sie einzusetzen. Ja, das ist für mich die weihnachtliche Botschaft: Mut zum Frieden gegen alle vorfindlichen Verhältnisse. Manche finden das naiv. Ein Bundeswehroffizier schrieb mir heute Morgen etwas zynisch, ich meinte wohl, ich könnte mit weiblichem Charme Taliban vom Frieden überzeugen. Ich bin nicht naiv. Aber Waffen schaffen offensichtlich auch keinen Frieden in Afghanistan. Wir brauchen mehr Fantasie für den Frieden, für ganz andere Formen, Konflikte zu bewältigen. Das kann manchmal mehr bewirken als alles abgeklärte Einstimmen in den vermeintlich so pragmatischen Ruf zu den Waffen..."
Ganz schön mutig die Frau Käßmann! Und natürlich nichts für Realos, für die christliche Botschaften nur utopisch bleiben. Da sei an Oscar Wilde erinnert: Fortschritt ist eine Verwirklichung von Utopien. Und anders als Helmut Schmidt meinen wir: Wer keine Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.
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Im Blog erwähnte Bücher
10 Titel (von insgesamt 28) aus der Spiegel-Bestsellerliste vom 25. Januar 2010:
1. P.C. Cast, Gezeichnet. House of Night 1. 16,95 €, Fischer
2. Eckart von Hirschhausen, Glück kommt selten allein. 18,90 €, Rowohlt
3. Stieg Larsson, Verdammnis. 9,95 €, Heyne
4. Eckart von Hirschhausen, Die Leber wächst mit ihren Aufgaben. Kurioses aus der Medizin. 9,95 €, Rowohlt
5. Herta Müller, Atemschaukel. 19,90 €, Hanser
6. Margot Käßmann, In der Mitte des Lebens. 16,95 €, Herder
7. Stieg Larsson, Vergebung. 9,95 €, Heyne
8. Thomas Wiczorek, Die verblödete Republik. Wie uns Medien, Wirtschaft und Politik für dumm verkaufen. 8,95 € Droemer/Knaur
9. Stephenie Meyer, Bis(s) zum Ende der Nacht. 24,90 €, Carlsen
10. Manfred Lütz, Irre – Wir behandeln die Falschen: Unser Problem sind die Normalen – Eine heitere Seelenkunde. 17,95 € Gütersloher Verlagshaus
Hinweis auf die Bücher von Oliver Sacks, darunter:
Oliver Sacks, Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte.
9,95 €, Rowohlt Tb